Samstag, 19. Dezember 2020

Endlich Zeit zum Nähen – Das Nähcamp von Hedinaeht




Im Herbst 2017 war ich zum ersten Mal im Nähcamp von Hedinaeht in der Jugendherberge Jever. Mir war eigentlich von vornherein klar, dass das gut wird und dementsprechend groß war die Vorfreude. Ich nähe eigentlich sehr gerne, nur fehlt mir leider oft die Zeit. Meistens kann ich nur mal eine halbe Stunde etwas machen, bevor ich wieder zur Kita muss oder setze mich abends an die Nähmaschine, wenn ich schon müde bin. Gerade bei komplizierteren Sachen ist das suboptimal, weil sich so oft Flüchtigkeitsfehler einschleichen. Man braucht schlicht viel mehr Zeit, als wenn man sich wach und konzentriert an ein Nähprojekt machen kann.

Zeitig anmelden

Ende letzten Jahres habe ich mich mit einer Freundin für das Nähcamp angemeldet, nachdem ich das zufällig auf Instagram gesehen hatte. Man muss sich tatsächlich auch relativ zeitig anmelden, da die Camps schnell ausgebucht sind. Eigentlich wollten wir zuerst nach Neuharlingersiel, haben aber keinen Platz mehr bekommen, weil da auch das ganze Probenähteam von Hedinaeht hinfährt.

Kosten und Konzept vom Nähcamp

Die meisten Leute, denen man erzählt, dass man ins Nähcamp fährt, sind etwas irritiert, weil sie das Konzept nicht verstehen. Im Nähcamp wird nämlich kein Kurs angeboten und es gibt kein Programm. Hedi aka. Nina Verhoeven ist zwar in einigen Camps vor Ort, leitet aber auch nicht das Nähen ihrer Schnittmuster an. Man packt also lediglich seinen Stoff, die Nähmaschine(n) und sonstiges Nähzubehör ein und fährt in eine Jugendherberge. Da packt man alles wieder aus, näht vor sich hin und fährt wieder nach Hause. Das war's.

Nähen Arbeitsplatz Lillestoff Jerseydrücker Garn Nähen Klimperklein Hedinäht Nähcamp

Die Kosten beliefen sich mit Vollpension bei zwei Übernachtungen im Doppelzimmer auf 127,50 pro Person. Für das Geld kann man eine ganze Menge Stoff für kaufen. Mein Problem ist aber, dass sich der Stoff zu Hause stapelt und ich nicht dazu komme ihn wegzunähen. Ich brauche also die freie Zeit. Andere Teilnehmerinnen schätzen aber auch das gesellige Beisammensein und den Austausch mit anderen Nähverrückten.
Ganz nebenbei tut man übrigens auch noch etwas Gutes, weil die Jugendherbergen in den Herbst- und Wintermonaten Probleme haben, ihre Kapazitäten zu füllen.

Die Vorbereitung

Als ich mich angemeldet habe, hatte ich tatsächlich noch nie einen Schnitt von Hedinaeht genäht. Genaugenommen habe ich noch nie Alltagskleidung für mich selber genäht.
Im Vorfeld gab es eine Facebook-Gruppe in der man Fragen stellen konnte und sich vorstellen konnte. Von Nina haben wir netter Weise einen Gutschein für zwei Ebooks von ihr erhalten. Den habe ich auch gleich genutzt, um mir die Schnittmuster Frau Edda und Frau Madita zu holen. Daruafhin habe auch gleich noch weiter im Netz nach tragbaren Damenschnitten gestöbert. Ich war wirklich angenehm überrascht, dass sich in den letzten Jahren da viel getan hat.

Zwei Wochen vor Abfahrt wurden die Planungen dann konkret. Es gab die Empfehlung, möglichst schon zu Hause zuzuschneiden, da man für den Zuschnitt ziemlich viel Platz braucht. In der Jugendherberge kann man zwar auch zuschneiden, der Platz ist aber begrenzt. Ich habe also jeden Abend etwas zugeschnitten, war aber unsicher, wie viel ich wirklich an dem Wochenende genäht bekomme. Am Ende hatte ich dann sogar etwas mehr zugeschnitten als nötig, aber besser als andersrum.

Zuschnitt Nähen Tischtennisplatte Stoff Rollschneider


Das Camp in Jever

Gruppenfoto, Nähcamp, Jever, Hedinaeht

An einem grauen Freitag im Oktober habe ich meine Nähmaschine, die Overlock, Stoff, Zubehör und Klamotten ins Auto gepackt, meine Freundin abgeholt und wir sind nach Friesland gefahren. Ab 15 Uhr konnte angenäht werden. Wir waren 60 Frauen, die in drei Räumen saßen, in die man sich vorher in der Facebook-Gruppe schon eingetragen hatte. Jede hatte einen großen Arbeitstisch für sich, die meist in 4er-Gruppen angeordnet waren. Nina hat jede einzeln begrüßt und wir hatten auch eine Teamerin von der Jugendherberge, die sich um die Organisation gekümmert hat.

Eröffnung Sekt Nähcamp Jever

Die Herberge

Ich bin tatsächlich öfter in Jugendherbergen, so dass ich nicht annähernd so überrascht war wie meine Freundin, dass das Essen gut und reichlich war. Es ist auch wirklich viel Vegetarisches angeboten worden und nachmittags gab es schön Kaffe und Kuchen. Getränke standen den ganzen Tag bereit und waren im Preis inbegriffen. Die Jugendherberge in Jever ist relativ modern und die Zimmer waren auch völlig in Ordnung. Wobei das auch fast egal war, weil man in den Zimmern wirklich nur zum Schlafen war. Das WLAN war 60 Nutzern überhaupt nicht gewachsen, aber so blieb mehr Zeit zum Nähen.

Goodies

Goodies, Albstoffe, Abby & Me, Monstera

Am Freitagabend, als alle angekommen waren, ist das Nähcamp dann auch offiziell von Nina und der Herbergsleiterin eröffnet worden. Dann hat jede Teilnehmerin eine prallgefüllte Goodie-Bag erhalten. In Goodie-Bags ist tatsächlich oft viel Mist drin. Hier hat die Veranstalterin sich aber richtig ins Zeug gelegt und viele tolle Nähaccessoires, wie eine Stickschere, Garn, Webband, Aufnäher etc. bei den Sponsoren eingesammelt. Der Knaller war aber, dass da auch zwei Meter Stoff aus der neuen Hamburger Liebe-Kollektion von Albstoffe drin waren. Man hatte also gleich schon Material für die nächste Frau Ava.

 Frau Ava, Hedinaeht, Nähcamp

Ein bunter Schnittmix

Quasi jede, die nach den Schnitten von Hedinaeht arbeitet, hat sich schon eine Frau Ava genäht. Dementsprechend war das auch im Camp das meistgenähte Teil, gefolgt von Frau Nora. Man war aber völlig frei in seiner Entscheidung, was man nähen möchte. Es wurden viele Kindersachen genäht, aber so gut wie jede Teilnehmerin hat auch etwas für sich genäht. In jedem Raum stand ein Kleiderständer, wo alle fertigen Teile präsentiert wurden. So konnte man sich zwischendurch immer mal ansehen, was die anderen so geschaffen haben. Einen Überblick der an diesem Wochenende vernähten Schnittmuster findet ihr bei mir auf Pinterest.

Nähen für mich

Wie gesagt, habe ich eigentlich noch nie etwas für mich selber genäht, was ich auch einfach im Laden so kaufen könnte. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich es nicht tragen würde, wenn das Teil komisch aussieht, nicht sitzt oder einen Nähfehler hat. Dazu kommt, dass ich vor 13 Jahren angefangen habe zu nähen. Da gab es nicht viele coole Schnitte für Damen, sondern die meisten waren etwas trutschig. Ich weiß noch, dass ich mir für meinen Nähkurs einen Schnitt suchen musste. Die Empfehlung war: "Nimm Burda, der funktioniert wenigstens und die Größe stimmt auch." Dafür waren mir dann Stoff, Geld, Zeit und Nerven dann einfach zu schade.

Nähen Kleiderständer Nähcamp

Ich fand es jetzt aber auch doof, extra ins Nähcamp zu fahren, um Zeit für mich zu haben und dann nur für die Kinder zu nähen. Außerdem habe ich auch latent den Eindruck, dass man unter Näherinnen nicht ganz für voll genommen wird, wenn man nichts für sich selber näht. Es ist mir trotzdem nicht leicht gefallen, etwas für mich auszusuchen. Ich habe mich dann aber an Sachen orientiert, die schon bei mir im Schrank hängen und eine Frau Mona von Fritzi Schnittreif, die Frau Edda von Hedinaeht, noch einen Schnitt von Stoff&Stil, der ähnlich ist wie die Frau Edda, aber für Webware und Bluse No. 6 von Lillesol&Pelle zugeschnitten.

Leute machen Kleider

Lena, Hedinaeht, Nähcamp, Frau Edda, Stoof&Stil

Am Freitag habe ich dann im Camp erstmal ein paar Kindersachen genäht und mich dann am Samstag an die Damensachen gemacht. Was soll ich sagen? Hat alles gut geklappt und ich bin sehr zufrieden mit den Teilen, die ich fabriziert habe. Mehr Bilder findest Du bei mir auf Facebook oder Instagram!
Für den Spirit war das Nähcamp aber auch gut, weil quasi jede Teilnehmerin Selbstgenähtes trägt. Teilweise sind ein paar verrückte Teile dabei, aber auch sehr viele Schöne. Gerade auch Nina Verhoeven trägt ihre selbstentworfene Garderobe mit einer Nonchalance und Selbstverständlichkeit, von der man sich eine Scheibe abschneiden kann. Im Camp hat sie z. B. einen Pulli genäht, aus einem Stoff, der von Farbe und Muster her überhaupt nicht meine Sache war. Aber bei ihr sah er gut aus, weil sie ihn mit der richtigen Attitude getragen hat. Tolle Frau, tolles Karma!

Hedi Hedinaeht Nina Verhoeven Albstoffe Hamburger Liebe Karma

 

All night long

Schön war, dass man in der Jugendherberge theoretisch die ganze Nacht hätte durchnähen können. Eigentlich schließt das Haupthaus zwar um 22 Uhr, aber wir haben dann den Schlüssel bekommen.
Samstag habe ich dann mit meiner Freundin noch einen sehr lohnenswerten Ausflug 

zu Farbenmix gemacht, die 10 Minuten von Jever entfernt ihren Laden in Schortens haben. Aber ansonsten haben wir hart durchgenäht, nur unterbrochen von Essens- und Schlafpausen. Sonntags konnten wir noch bis mittags werkeln, haben dann sogar noch Mittag bekommen und sind dann wieder nach Hamburg gedüst.

Farbenmix, Laden, Stoffladen, Schortens, Ladengeschäft


Fazit

Das Nähcamp war eine durch und durch gelungene Veranstaltung: Nette Frauen, viel Nähtalk, leichte Weinseeligkeit am Samstagabend, neue Inspiration, eine reichbestückte Goodie-Bag, leckeres Essen und endlich Zeit zum Nähen. Ich hab es geschafft sieben Teile fertigzustellen, bin hoch zufrieden und hatte eine richtig gute Zeit. Was will man mehr?

Klimperklein, Hedinaeht, Stoff und Stil, Fritzi Schnittreif, Checkerhose, Lillestoff

 

Wenn Du jetzt Lust bekommen hast, auch mal dabei zu sein, findest Du hier die Termine für die nächsten Nähcamps! Ich fahre mittlerweile tatsächlich jedes Jahr hin.

Nähcamp, Hedinaeht

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen